Entstanden aus Vorläufern aus dem Zeitalter der Renaissance und des Barock schuf Albrecht Emond von Münchhausen nach Erwerb des Anwesens 1769 von Herzog Karl Wilhelm Ferdinand einen nach seinem Verständnis englischen Landschaftspark in einer Größe von ca. 10 ha, dessen extravagante Ausstattung alles im Braunschweiger Land damals wie heute Bekannte an geformten Parkanlagen in den Schatten stellte und eine außerordentliche Gestaltungsqualität aufwies
Der Bauherr formte eine Mischung aus Rockoko- und englischem Landschaftspark, was für die Übergangszeit zwischen beiden Gartenstilen typisch war. So wies der Park zahlreiche Gartenstaffagen der „empfindsamen Epoche“ wie auch viel von der persönlichen Weltsicht und Exaltiertheit des Erbauers auf. Maßgebendes Strukturelement war eine 4-reihige Lindenallee, die den Mittelrisalit des Barockschlosses mit einem auf einem nahen Berg stehenden, sehr aufwendig gestalteten Aussichtsturm verband.
Innerhalb der angrenzenden landschaftlichen Parkpartien befand sich ein Schneckenberg mit einem Rosentempel als Staffage, der später auf seinen jetzigen Standort versetzt wurde und statt des Tempels mit einem mittelalterlichen Sühnekreuz und einem Baumhasel versehen wurde.
Um 1932, nach einem neuerlichen Eigentümerwechsel geriet der Park immer mehr aus dem Interessenschwerpunkt der Eigentümer. Diese Tendenz verstärkte sich mit den Zerstörungen des II. Weltkriegs, so dass eine starke Verwilderung einsetzte, der erst in den letzten Jahren begegnet wurde. Die für die Region bedeutende Parkanlage war einer starken Degeneration ausgesetzt, die dringend beseitigt werden muss, um den fortschreitenden Verfall der pflanzlichen Ausstattung, aber auch des Erschließungssystems aufzuhalten. So war nur noch ein geringer Teil der vier-reihigen Allee als eines der Hauptgestaltungselemente erhalten geblieben. Das die Allee zusätzlich bereichernde mittlere Rondell war gänzlich verschwunden, wie auch die beiden innenliegenden Baumreihen. Die z. T. später nachgepflanzten Bäume waren willkürlich gesetzt worden und zeichneten den historischen Baumabstand in keinster Weise mehr nach.
Der Schneckenberg wies nach seiner Versetzung im 19. Jh. zwei ineinander verschlungene Erschließungswege auf, die mit Hecken begleitet, jeweils labyrinthartig, getrennt voneinander auf den Berg hinauf bzw. vom Berg herab führten. Bis Anfang 2019 waren die Böschungen sehr verwildert und nur wenige der alten Hainbuchen erhalten. Die terrassenförmigen Wege waren nicht mehr zu erkennen.
Auf Grund des desolaten Gesamtzustandes der Allee, wie auch der verbliebenen Einzelbäume konnte eine Totalsanierung durchgeführt werden, die auch von den zuständigen Behörden mitgetragen wurde. So wurden die restlichen Bäume gefällt und mit einer sog. „Wurzelratte“ gerodet. Danach hat ein Forstmulcher die Wurzelreste zerkleinert. Da die historischen Baumreihen der Lindenallee in der Querentwicklung ein bemerkenswertes Anordnungsprinzip aufwiesen, aus dem sich diagonale Viererreihen ergaben, die sich in ihrer Richtung an der ehem. Hauptentwicklungsachse der barocken Vorgängeranlage ausrichteten, wurde eine exakte, lasergestützte Vermessung angefertigt, um die Reihen- sowie die Baumabstände zu ermitteln. An Hand bekannter, hist. überkommener Baumstandorte konnten Anfangs- und Endpunkte und damit auch die Achsrichtungen festgelegt werden. So begann man von dort mit der Neuaufreihung der Baumreihen. Hierbei wie auch bei der Verortung der Lage des Mittelrondells und dessen Baumstellung war eine Karte von 1785 hilfreich.
Insgesamt sind 155 Winterlinden (Tilia cordata) in Reihenabständen von 2,0 x 4,20 bzw. 1,0 x 6,40 m und einem Abstand von 6,00 m in der Reihe, in der Park am Rittergut Hedwigsburg beschriebenen Diagonalausrichtung gepflanzt worden. Die Standorte wurden mittels Laservermessung eingemessen und ausgepflockt. Um die exakte Richtung und den genauen Abstand beizubehalten, mussten alle Abstände während des Pflanzvorganges kontrolliert und ggf. korrigiert werden.
Genauso wurde mit den Wege- und Heckenverläufen am Schneckenberg verfahren, nachdem die Restgehölze und Unkrautfluren mechanisch beseitigt waren. Für den Weg sind schmale Terrassen in den Hang gegraben worden. Die Wege haben eine Breite von 60 cm und werden beidseitig durch Hainbuchenhecken begleitet. Zwischen den Hecken wurde eine Landschaftsasen-Kräutermischung ausgesät, die 2 x im Jahr gemäht werden soll.
Daten der Allee: Länge ca. 246 m, Breite ca. 21 m, Anzahl der Bäume: 155 Tilia cordata (Winterlinde), Bauzeit: Januar bis Juni 2019
Förderung durch die Stiftung Zukunftsfonds Asse, Niedersächsiche Gesellschaft zur Erhaltung hist. Gärten, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Nds. Bingo-Umweltstiftung und Landesamt für Denkmalpflege.
Text (leicht gekürzt): Landschaftsarchitekt Kai-Uwe Grahman
Bei diesem Projekt war die Nieders. Gesellschaft zur Erhaltung historischer Gärten Projektträgerin, um diese Bedingung zur Bewilligung von Fördermitteln zu erfüllen.
Aufnahmen: Bennecke (Luftbilder), Grahmann
Schlagwörter: Alleen, Landschaftsgarten, Pflegemaßnahmen, Rittergut- © 2024 - Niedersächsische Gesellschaft zur Erhaltung historischer Gärten e.V. -