Obwohl das Gut Oerichsheil bei Stade vermutlich schon vor dem 16. Jahrhundert existierte, erfolgt seine früheste urkundliche Erwähnung erst 1621. Bis 1928 war das Gut im Besitz der Familie von der Decken, danach ging es durch Verkauf an Theodor von Allwörden und dessen Nachkommen über. Das Gutshaus wurde einer Inschrift über der Tür zufolge im Jahr 1590 errichtet und 1783 von Aemilius Wilhelm von der Decken vergrößert und umgebaut. Es liegt auf einer alten Wurt und ist bis heute ohne wesentliche Veränderungen erhalten. Über die Gestaltung des Gartens ist nichts bekannt, vermutlich handelte es sich aber wie in anderen Gütern um einen Nutzgarten mit geometrischem Grundriss. Der Garten war vom Haus durch einen heute nicht mehr vorhandenen Graben getrennt, der die Umfassungsgräben miteinander verband.
Im späten 19. Jahrhundert erfolgte die Umgestaltung des alten Nutzgartens zu einem Landschaftsgarten. Eine langgestreckte, leicht eingetiefte Rasenfläche bildet das wichtigste Element des neuen Gartens. Sie wird seitlich von dichten Gehölzpflanzungen begleitet, die aus verschiedenen Bäumen und Ziersträuchern bestehen.
Einzelne Gehölze und Strauchgruppen sind weit in die Rasenfläche vorgeschoben, so dass ein sehr abwechslungsreiches Bild entsteht. Ein besonderes Element ist ein kleiner Hügel am Rand dieser Partie. Seine ursprüngliche Funktion ist nicht eindeutig geklärt; möglicherweise handelt es sich um einen alten Grab oder Turmhügel, der im Mittelalter eine Kapelle trug. Heute ist er von großen Bäumen und Sträuchern umstanden und bildet eine ungewöhnlich hohe Gehölzgruppe.
Nachdem das Gut 1928 verkauft worden war, änderte sich an der Gestaltung der Anlage nur wenig. Im Garten wurden einige neue Gehölze angepflanzt und die Beete in Hausnähe umgestaltet. Der Landschaftsgarten blieb aber in seiner Gesamtheit erhalten. Auch die Teile der Anlage, die aus dem 18. Jahrhundert stammen oder sogar noch älter sind, blieben weitgehend unverändert. Dazu gehören der Umfassungsgraben, der vermutlich bereits im späten Mittelalter ausgehoben wurde, und die prachtvolle Allee, die an der Westgrenze der Anlage entlang des Grabens verläuft. Sie besteht aus Linden und Kastanien, die in sehr engen Abständen gepflanzt wurden und dadurch einen schmalen, hohen Raum von ungewöhnlicher Geschlossenheit bilden, obwohl bereits einige Lücken in den Baumreihen vorhanden sind.
Bei alten Alleen sind häufig frühere Kappungsstellen zu sehen. Auch in der Oerichsheiler Allee waren noch einige ältere Linden vorhanden, die ursprünglich beschnitten wurden. Dadurch entstand ein charakteristisches Bild, da den gekappten Bäumen der Leittrieb fehlt und der Kronenaufbau durch den Neuaustrieb völlig verändert wird. Durch Windbruch, insbesondere durch einen Sturm im Winter 2007/2008 war die Allee so schwer geschädigt, dass nur noch eine vollständige Neupflanzung in Frage kam.
Text: Dr. Jens Beck, Aufnahmen: Beck
Die Neupflanzung der Allee wurde 2009 durch die Gesellschaft finanziell gefördert.
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